[Dresden] 17. Juni: Braune Scheisze die Elbe runterspülen

Schon ein flüchtiger Blick in den kurzen Aufruf der NPD lassen erkennen, dass da inhaltlich wieder einmal nichts kommt. Eine Prise Geschichtsverdrehung, eine gute Portion mimimi darüber, dass Menschenfeinde und (Neo-)Nazis als das tituliert werden was sie sind: Menschenfeinde (Neo-)Nazis und natürlich ein ordentlicher Schwall völkisch-nationalistischer Scheiße und et voila! Fertig ist das, selbst für den Dresdener Ableger, dünne Elaborat der teutonischen Hero*innen der NPD.

Wir wissen um die Tatsache, dass Dresden mindestens einmal wöchentlich die Möglichkeit bietet Menschenfeinden die Stirn zu bieten. Wir wissen auch darum, dass es einem Kampf gegen Windmühlen gleich kommt, in Dresden für (Mit-)Menschlichkeit, Solidarität und gegen Hass auf die Straße zu gehen. Der (Neo-)Naziauflauf am 17. Juni 2017 ist auch nur eine weitere Episode im Film „D – Eine Stadt sucht ihre Empathie“. Dennoch denken wir, dass es nötig ist zu versuchen auch dieser Veranstaltung etwas entgegenzusetzen.

Es gibt eine gemeinsame Anreise mit der S-Bahn (S2). Diese fährt 10:32 Uhr vom Bahnhof Dresden-Neustadt und 10:41 Uhr von Dresden-Hauptbahnhof.

Antifaschistischer Jugendkongress #2 – get organized

Auch dieses Jahr wird es einen antifaschistischen Jugendkongress geben. Dieser findet vom 20.-23. April im AJZ Chemnitz statt. Alles über Programm, Anmeldung, Anfahrt und vieles mehr findet ihr hier.

There will be an antifascist youth camp like last year, which take place at AJZ Chemnitz from 20th to 23rd of April. You can find various information like program, reception, direction here.

Aufruf: (English below)

#2 – get organized

Es ist 2017.
Die Zustände in Deutschland (und auch anderswo) sind schlecht: immer noch Rechtsruck, immer wieder ermutigte Neonazis, eine immer weiter erstarkende AfD und so weiter…

Angesichts dieser düsteren Aussichten wollen wir mit Euch auf dem antifaschistischen Jugendkongress Dinge kritisieren und verändern, praktisch und theoretisch aktiv werden und uns vernetzen. Continue reading “Antifaschistischer Jugendkongress #2 – get organized”

[Dresden] Antifaschistische Kundgebung zum Prozessbeginn gegen die „Gruppe Freital“

Am 07.03. startet der Prozess gegen die „Gruppe Freital“, welcher mehrere Angriffe und Anschläge auf Geflüchtete und Unterkünfte von Geflüchteten sowie auf politische Gegner*innen und ein alternatives Wohnprojekt vorgeworfen werden. Um den politischen Kontext dieses Verfahrens wie auch der Anschläge und Übergriffe zu thematisieren findet am 07.03. ab 7:30 Uhr an der Stauffenbergallee Ecke Hammerweg eine antifaschistische Kundgebung statt.

Den gemeinsamen Aufruf der Gruppe Prisma und der Undogmatischen Radikalen Antifa Dresden könnt ihr hier als Broschüre oder weiter unten in diesem Beitrag lesen.

Des Weiteren möchten wir an dieser Stelle auf den Blog der Nebenklage im Prozess, unserer Freund*innen des Hausprojekts Mangewirtschaft, aufmersam machen. Ihr findet ihn unter: https://www.freitalprozess.info/ Continue reading “[Dresden] Antifaschistische Kundgebung zum Prozessbeginn gegen die „Gruppe Freital“”

Motto- und Layout-Contest für den JuKo 2017

Dein Motto/Layout auf Flyern und Plakaten?!

Du hast Layout-Skillz und wolltest die schon immer mal praktisch umsetzen und überall plakatiert sehn? Oder du bist eine Sprüchemaschine und hast immer gute Motto-Ideen?
Super! Denn wir suchen noch ein Motto und Layout für den Juko 2017. Schick uns deine Ideen an timetoact@riseup.net mit dem Betreff: Contest. Ein gewisser Bezug zur aktuellen politischen Lage wär dabei schon schön 😉
Für die Gewinner*innen eines Layoutvorschlages und eines Mottovorschlages winkt je ein 15€ Gutschein für bambule – autonomer Gemischtwarenladen Leipzig, auch auf dem nächsten JuKo.

P.s.: Schickt uns das Layout bitte in A6 (Flyer) und A2 (Plakat) und in einem bearbeitbaren Format (z.B.: .psd), oder erstmal als Entwurf! damit wir gegebenenfalls noch etwas daran rummauscheln können. Kann ja sein, dass ein anderes Motto noch ein bisschen besser zum Entwurf oder Thema passt.

Wir freuen uns auf euch und eure Ideen!
Bis bald (vielleicht in eurer Stadt)
Eure Juko-Crew

Von Leipzig nach Plauen – den III. Weg zerschlagen!

Die Antifaschistischen Gruppen des Vogtlands rufen für den 17. Dezember dazu auf eine Demonstration durch den von Kadern der rechten Partei der III. Weg bewohnten Plauener Stadtteil Haselbrunn durchzuführen. Wir unterstützen das Motto „Den III. Weg zerschlagen!“ ausdrücklich, weil wir neonazistische Kaderorganisationen gerade in Zeiten rassistischer Massenmobilisierung und rechten Terrors für eine außerordentliche Bedrohung halten. Kommunistische Politik muss die Feinde der Emanzipation im Auge behalten und ihre Strukturen mit allen Mitteln bekämpfen. Deshalb rufen wir dazu auf mit uns am 17. Dezember 2016 nach Plauen zu fahren. Es gibt einen Zugtreffpunkt für Leipzig um 11 Uhr 15 am S-Bahnhof Connewitz.

the future is unwritten – Leipzig

Flyer - den III. Weg zerschlagen! Den Nazis die Homezone streitig machen - Antifaschistische Demonstration - 17.12.2016 - 14:30 - Oberer Bahnhof Plauen

Plauen 17.12. Antifademo “Den III. Weg zerschlagen – den Nazis die Homezone streitig machen!”

flyer1712

Die Verhältnisse in Sachsen sind nach rechts gerückt. Zwar Ausdruck einer gesamtdeutschen Tendenz, sticht das Bundesland dennoch heraus – mit einer weit verbreiteten pogromartigen rassistischen Stimmung, einer von Justiz und Zivilgesellschaft kaum ernsthaft behelligten neonazistischen Erlebniswelt und einer seit mehr als 25 Jahren stramm rechtskonservativen Regierungs- und Institutionslandschaft. Vor Ort bedeutet das, auch in Plauen: Kameradschaften und Bürgerwehren agieren immer selbstbewusster, der III. Weg inszeniert sich als Sammelbewegung rechts der NPD und zu den Tönen von AfD, DSU, NPD und “die Rechte” sammelt sich das Wutbürgertum mit dem Willen zum Pogrom.
Continue reading “Plauen 17.12. Antifademo “Den III. Weg zerschlagen – den Nazis die Homezone streitig machen!””

Nachbetrachtung zur Demonstration in Heidenau am 21.08.2016

Ein Jahr nach den pogromartigen Ausschreitungen in Heidenau demonstrierten ca. 150 Teilnehmer*innen unter dem Motto “Wir vergessen nicht! Das Schweigen in der sächsischen Provinz brechen” durch die Kleinstadt. Im nachfolgenden Text möchten wir eine kurze Auswertung der Organsiation der Demonstration sowie des eigentlichen Demonstrationsgeschehens abliefern. Im zweiten Teil des Textes möchten wir noch auf das Presseecho der Veranstaltung eingehen.
Im Vorfeld der Demonstration war es bereits zu massiver Kritik an einzelnen Akteur*innen gekommen, da der ursprüngliche Anmelder der pirnaer Ortsgruppe Bündnis 90/Die Grünen sich gegenüber dem Orgateam sehr unkooperativ zeigte und viele Orgaaufgaben nicht von Menschen oder Gruppen aus der Region um Heidenau und Pirna getragen wurden. So konnte die anfängliche Idee einer linken bürgerlichen Demonstration nach vielen Unstimmigkeiten und fehlendem Engagement nicht umgesetzt werden. Viele organisatorische Lücken stellten sich erst nach dem Beginn der Mobilisierung heraus, so dass der Großteil der Orga im Endeffekt kurzfristig von der Vernetzung getragen wurde. So stellt sich auch im Nachhinein die Frage wie hoch das tatsächliche Interesse örtlicher Antifaschist*innen an dieser Veranstaltung war und ob es das organisatorische Unvermögen oder Desinteresse war, welches die Mobilisation an vielen Stellen eingeschränkt hat.
Die Demonstration selbst zeigte sich optisch als Veranstaltung primär junger, weißer und schwarz gekleideter Menschen und vermittelte einen sehr martialischen Eindruck. Wir bedauern es sehr das es von Seiten der Demoorga keine Bestrebungen gab, eine Veranstaltungen mit Geflüchteten in der Region zu veranstalten und diese zu Wort kommen zu lassen. Auch ist zu bemerken das die Mobilisation im gesamten sicherlich abschreckend auf viele nicht Deutsche wirkte. Selbst das Mobimaterial mutete eher nach einem Design der Faschisten Ende der 90er Anfang der 2000er Jahre an und wirkte wenig einladend. 
Am Ende der Demonstration äußerte bereits ein Vertreter der Freien Arbeiter*innen Union Kritik an der arroganten, elitären Haltung der Teilnehmer*innen gegenüber den Menschen in Heidenau als Kleinstadt in der sächsischen Provinz. Diese hatten bereits zu Anfang der Veranstaltung junge Heidenauer*innen, die sich der Demo anschließen wollten, durch klassistische und provinzfeindliche Sprüche verschreckt. Im weiteren Demoverlauf war es von Seiten der Teilnehmer*innen immer wieder zu Beleidigungen, Drohungen und Abfotografieren von Rechten gekommen. Die Parole „Scheiß Drecksnest!“ dominierte an vielen Stellen die Außenwirkung der Veranstaltung. Dass über derartige Sprüche schon länger kritisch diskutiert wird, steht außer Frage und soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden. Wir sehen in dem Verhalten der Demonstrationsteilnehmer*innen jedoch die logische Konsequenz aus dem Aufruf der Veranstaltung, da dieser die Zielstellungen formulierte „Tragt eure Wut auf die Straße“ und „Brecht mit dem Schweigen“. Hier bedarf es einer weiteren strategischen Diskussion über die Möglichkeiten zur Intervention und Aufarbeitung außerhalb von Großstädten. 
Durchweg positiv wurden die Redebeiträge der einzelnen Gruppen the future is unwritten, NOPE., Antifa Kleinparis, Freie Arbeiter*innen Union und Pirnaer Autonome Linke aufgenommen und auch die Lautimoderation wurde von vielen Einzelpersonen als reflektiert und angenehm gelobt.
Als abschließendes Fazit sehen wir eine große Diskrepanz zwischen der Lautimoderation und den Redebeiträgen der einzelnen Gruppen sowie dem Verhalten einzelner Demoteilnehmer*innen. Wir denken, dass es nicht notwendig ist, seine Wut über die Ereignisse in Heidenau durch klassistische und beleidigende Äußerungen zum Ausdruck zu bringen. Wir würden uns als Konsequenz aus der Veranstaltung eine reflektierte Diskussion über Klassismus und Stadtzentrismus als Konsequenz aus Freital, Heidenau, Clausnitz wünschen. 
Das überregionale Presseecho des Tages lässt sich weitestgehend als neutral bewerten. Es gab von vielen Seiten eine kurze sachliche Beschreibung der Demonstration, welche stärker als Vorwand benutzt wurde, um die Ereignisse in Heidenau 2015 noch einmal aufzurollen und teilweise eine Bilanz nach einem Jahr zu ziehen. Einen erstaunlich kritischen Blick richtete hierbei der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) auf die Vorkommnisse.
Besonders subjektiv und abwertend berichtete Heike Sabel, Journalistin für die Regionalseite Pirna der Sächsischen Zeitung. Günter Eckoldt, Vorsitzender der Linkspartei in Heidenau, der bereits am Tag der Demonstration gegenüber deren Teilnehmer*innen verbal ausfällig und handgreiflich wurde und im Nachhinein der Veranstaltung Juliane Nagel (MdL Die Linke) stark kritisierte, weil er sich durch seine Genossin übergangenen fühlte und eine vorherige Absprache mit den Regionalpolitiker*innen gewünscht hätte. So wird dann auch der Zusammenhang klar, wenn Eckoldts Lebensabschnittsgefährtin Heike Sabel in unterschiedlichen Beiträge immer wieder versucht das Image der Stadt aufzupolieren und die Demonstration der Antifaschist*innen als vollkommen überflüssig in einer Stadt mit solch einer “geschundenen Seele” darzustellen. Dabei äußerte Frau Sabel noch vor einem Jahr gegenüber Journalist*innen von stern.de, sie hätte “noch nie in ihrem Leben […] solche Angst [gehabt], wie an diesem Freitagabend” im August 2015. Heute verteidigt sie die Rassist*innen aus Heidenau, die damals Steine, Böller und Flaschen warfen, damit, dass diese danach “weinend ins Rathaus liefen” und sich dort für ihr Mitlaufen entschuldigten. 
Für uns ist Heidenau nur eines von vielen Beispielen. Statt dass lokale Presse und Politiker*innen die Zivilbevölkerung wachrütteln und sie zum Hinterfragen der Zustände in Sachsen animieren, wird sich nur um einen guten Ruf der Region bemüht und sich nach und nach der Sprache und den Forderungen der Rechten angepasst. Diese Entwicklung werden wir nicht so hinnehmen. 

Widerstand gegen Fascho-Lesestunde inmitten von Dresden

Am Samstag, den 22. Oktober, soll im Restaurant zum Schießhaus eine antisemitische Veranstaltung der völkischen Rechten stattfinden. Dieser gilt es entgegen zu treten!

Nachdem schon die AfD und das neurechte Querfrontmagazin Compact die Räume des Restaurants zum Schießhaus nutzen durften, lädt nun der „Freundeskreis der Ludendorff-Bewegung“ ein. Wer zum Teufel das ist? Der Bund für Gotterkenntnis, oder die Ludendorffer, sind eine esoterische und verschwörungsideologische Sekte – was alleine schon schlimm genug wäre. Doch damit nicht genug: Die Ludendorffer, benannt nach dem ehemaligen Wegbegleiter Hitlers Erich Ludendorff und seiner Ehefrau Mathilde, sind eine völkisch-rassistische und offen antisemitische Pseudoreligion. Gründerin Mathilde Ludendorff warnt vor der „Durchmischung der Rassen“ [1] und fordert zum Kampf gegen „überstaatliche Mächte“ auf. Diese führen nach ihrer Auffassung einen „Kampf gegen das Leben der noch freien Völker“. Wer diese Mächte sind, welche nach „Weltmacht streben“ benennt Erich Ludendorff klar: „die Juden“[2]. Continue reading “Widerstand gegen Fascho-Lesestunde inmitten von Dresden”

Sächsische Verhältnisse aufmischen – das Beispiel der “Time to Act”-Kampagne

1. Strategische Vorbemerkungen

Der folgende Text ist im Rückblick und anhand beispielhafter Darstellungen aus der (süd-)sächsischen Situation im Jahr 2016 verfasst und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weder können wir die Situation in den einzelnen Regionen so gut einschätzen wie die Aktivist_innen vor Ort, noch können wir einen repräsentativen Überblick über rassistische und antirassistische Bewegungen in Sachsen geben.

Als strategische Grundlage für Perspektiven in der politischen Praxis dient eine Betrachtung der Plauener Verhältnisse. Plauen haben wir als Beispiel ausgewählt, weil wir uns im Vorfeld des 1. Mai konkret damit auseinandersetzen mussten. Bedacht werden muss aber, dass die Verhältnisse sich regional unterscheiden und damit die strategischen Überlegungen dementsprechend angepasst werden müssten.

In Plauen gibt es regional organisierte Antifaschist_innen, die ohne den Rückhalt von sogenannter Zivilgesellschaft gegen die völkisch-rassistische Normalität politische Organisierung vorantreiben müssen.

Dieser Normalzustand besteht aus rassistischen Mobilisierungen wie „Wir sind Deutschland“ mit Spitzenzahlen von bis zu 5000 Teilnehmer_innen in Plauen zu welcher sich selbst Plauens Oberbürgermeister Ralf Oberdorfer (FDP) öffentlich positiv positionierte und der gut vernetzen NS-Kaderpartei „Der III. Weg“ mit Kontakten nach Dortmund zu „Die Rechte“, Bayern zum militanten Kameradschaftsmilieu des ehemaligen „Freien Netz Süd“ und international. In Treuen bei Plauen wurde in diesem Jahr die Wohnung des Regionalleiters der mittlerweile verbotenen bundesweiten militanten Nazi-Organisation „Weiße Wölfe Terrorcrew“ Kevin Pesch durchsucht.

Für die regionalen Strukturen ist es bis heute schwer zu entscheiden wo man ansetzen sollte. Antifaschistische Interventionen werden bei den angegriffenen Erstaufnahmeeinrichtungen sowie gegenüber der ideologisch festgefahrenen Mehrheitsbevölkerung dringend benötigt, aber erhalten wenig Unterstützung und Ressourcen für die Umsetzung dieser politische Praxis. Hinzu kommt, dass politisch immer mit Angriffen durch das militante Nazi-Spektrum zu rechnen ist. Aus kommunalpolitischer Richtung ist wenig bis keine Einsicht in das Problem des völkischen Rassismus zu sehen.


Für die regionalen Strukturen ist es bis heute schwer zu entscheiden wo man ansetzen sollte. Antifaschistische Interventionen werden bei den angegriffenen Erstaufnahmeeinrichtungen sowie gegenüber der ideologisch festgefahrenen Mehrheitsbevölkerung dringend benötigt, aber erhalten wenig Unterstützung und Ressourcen für die Umsetzung dieser politische Praxis. Hinzu kommt, dass politisch immer mit Angriffen durch das militante Nazi-Spektrum zu rechnen ist. Aus kommunalpolitischer Richtung ist wenig bis keine Einsicht in das Problem des völkischen Rassismus zu sehen.

2. Die „Time to Act“-Kampagne

Als Beispiel für Handlungsoptionen mögen die beiden größeren Projekte „Time to Act“-Jugendkongress und der 1. Mai in Plauen herangezogen werden.

Vom 1. bis zum 3. April 2016 fand in Chemnitz der vom regionalen Antifa-Bündnis VaaG Ost organisierte Jugendkongress „Time to Act“ statt. Dieser war so hoch frequentiert, dass noch Schlafplätze nachorganisiert werden mussten. An drei aufeinander folgenden Tagen konnten Jugendliche aus der Region und ganz Sachsen (Weiter-)Bildung und Vernetzung betreiben. Zu Beginn stellten junge Aktivist_innen aus verschiedenen Regionen ihre lokale Situation in Vernetzungsplena dar. Es wurden zahlreiche Workshops angeboten, die darauf ausgelegt waren den Teilnehmer_innen eigene politische Handlungsmöglichkeiten zu vermitteln und sowohl auf inhaltlicher als auch technischer Ebene Einstieg und Erfahrungsaustausch ermöglichten. Beispielsweise wurde die Anmeldung einer Versammlung in ihren technischen Einzelheiten durchgesprochen. In einem anderen Workshop wurde der sichere Umgang mit den eigenen Daten vermittelt. Auch die Organisation eines Schulstreikes und der sensible Umgang in Bezugsgruppen sowie eine Einführung in die Antisemitismuskritik und um die 30 weitere Workshops wurden angeboten.

Am 1. Mai fand in Plauen eine bundesweit und international beworbene Demonstration des „III. Weg“ statt. Diese stellt wie erwähnt eine ernst zunehmende Gefahr für linke Aktivist_innen dar. Eine bundesweit beworbene Demonstration unter dem Motto „Time To Act – Für einen emanzipatorischen Antikapitalismus“ war die Antwort der vogtländischen Antifa-Gruppen. Diese haben zusammen mit Antifaschist_innen aus der Region gemeinsam eine inhaltliche und praktisch ausgerichtete Aktion organisiert zu der sich 1.200 Menschen mobilisieren ließen. Auch die bundesweite Antifa-Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ rief dazu auf, sich an den Antifa-Aktionen in Plauen zu beteiligen. Es gab kaum Repression im Gegensatz zu dem Aufmarsch das Jahr davor. Allerdings wurden einige Antifaschist_innen durch massive Polizeigewalt und Nazi-Angriffe verletzt. Dessen nicht genug gab es eine inhaltliche Distanzierung vom „Runden Tisch“ – einem Bündnis von Kirchen, Parteien, Polizei und DGB – gegenüber den emanzipatorischen Gruppen. Diese quittierte das Antifa-Bündnis, indem es auf dem eher bürgerlichen Straßenfest „Meile der Musik“ eine Rede hielt, indem es OB Oberdorfer und „Runder Tisch“-Sprecherin Ulrike Weyer massiv für ihren Kuschelkurs gegenüber den Nazis kritisierte.

3. offene Fragen und Probleme

Neben den partiellen Erfolgen, die die „Time to Act“-Kampagne erzielen konnte, bleiben eine Menge ungelöster Probleme und offener Fragen.

Ein vorgefertigtes Organisierungsangebot für Ostdeutschland wurde den jungen Genoss_innen beim Jugendkongress nicht unterbreitet. Das wäre politisch sicherlich auch nicht wünschenswert gewesen, schließlich geht es darum Selbstorganisierung und hierarchiearme Strukturen zu fördern. Auf der anderen Seite bleibt die Organisierungsfrage somit offen.

Ein anderer blinder Fleck beim Jugendkongress bestand in der Vermittlung und Diskussion von kritischer Gesellschaftstheorie. Der Schwerpunkt wurde angesichts der prekären Situation in Ostdeutschland vor allem auf die Vermittlung praktischer Fähigkeiten gelegt. Vor dem Hintergrund, dass der Anspruch des JuKo die Vernetzung libertärer und emanzipatorischer Kräfte im Osten war, ist diese Leerstelle durchaus problematisch. Es besteht die Gefahr, dass libertärkommunistische, anarchistische, ideologie- und herrschaftskritische Inhalte sich mehr als Label denn als komplexe unfertige Theorien angeeignet werden.

Noch mehr Fragen als der JuKo ließ die Antifa-Demo am 1. Mai offen. Der antifaschistische 1. Mai in Plauen war zwar eine verdiente öffentliche Ohrfeige für eine Stadt in der völkische Rassist_innen mit Rückendeckung von ganz oben ihr Unwesen treiben durften. Und dennoch ist zu betonen, dass die rassistische Querfront-Mobilisierung unter dem Namen „Wir sind Deutschland“ zuvor monatelang ohne auch nur einen Hauch von antifaschistischem Protest oder Widerstand agieren konnte. Ihre Selbstauflösung im April bedeutet genauso wenig wie die Selbstauflösung der Demo des III. Weg eine erhebliche Schwächung von deren Strukturen.

Die WsD-Organisatoren sind in der Stadt anerkannt wie eh und je und der III. Weg hat nach wie vor seine Führungskader und Wohngemeinschaften in Plauen. Die strukturellen Probleme bleiben also ungelöst. Wünschenswert wäre in Zukunft eine Verhinderung rassistischer Aufmärsche und eine kontinuierliche Behinderung der Arbeit von Rassist_innen in Amt und Würden wie Plauens OB Ralf Oberdorfer. Nur auf diese Weise kann sich dem hoch gesteckten Ziel rechte Strukturen zu „zerschlagen“ angenähert werden.

Schließlich drängt sich auch in Bezug auf den 1. Mai in Plauen die schon vom Jugendkongress offen gelassene Organisierungsfrage auf. Der 1. Mai hat möglicherweise vielen jungen Menschen im Vogtland, die sich gegen Rassismus engagieren wollen, den Eindruck vermittelt dass etwas gehen kann. Die potenzielle Motivation durch derartige Ereignisse hätte möglichst mitgenommen werden müssen, indem man danach Veranstaltungen, Antifa-Cafés und offene Plena angeboten hätte.

4. Strategischer Ausblick

Was kann und was muss also noch getan werden? Zunächst ist die Zusammenarbeit in Form der VaaG Ost, wie sie im Rahmen der „Time to Act“-Kampagne geschehen ist, ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den völkischen Vormarsch im Osten der BRD. Die Mobilisierungserfolge von Jugendkongress und 1. Mai in Plauen haben gezeigt, dass mittels der VaaG Ost eine Menge engagierter Menschen in vielen Regionen angesprochen werden können. Auf dieser Ostvernetzung muss aufgebaut werden. In der bereits erwähnte Organisierungsfrage kann die Vernetzung mit Sicherheit weiterhelfen. Für die Zukunft wäre es geboten, eine Selbstorganisierungskampagne zu starten, um das Ganze in langfristige Bahnen zu lenken. Daneben kann es sinnvoll sein, auch eigene inhaltliche Demonstrationen zu organisieren, die sich zwar mit völkischem Rassismus und Nazi-Strukturen befassen, aber nicht an Termine der Rechten gebunden sind. Ein wichtiger nächster Schritt wäre es, Verbindlichkeit herzustellen und auch im Jahr 2017 einen antifaschistischen Jugendkongress zu veranstalten, um die Vernetzung aufrecht zu erhalten und das Skill-Sharing voranzutreiben. Ein möglicher nächster JuKo könnte genutzt werden, um dann auch verbindlichere Angebote für Organisierung zu unterbreiten. Die Infrastruktur linker Bewegungen in größeren Städten muss hierbei genutzt werden, um antifaschistische Politik im ländlichen Raum zu stärken ohne dabei die Genoss_innen vom Land zum Objekt urbaner Politgruppen zu machen.

Bei allen Organisierungsfragen ist nicht zu vergessen, dass das „Kerngeschäft“ der Antifa-Bewegung weiterlaufen muss. Nazis und Rassist_innen müssen negative Öffentlichkeit bekommen und sozial Isoliert werden, wo sie nur können. Die Kosten für rassistische Aktivitäten müssen in die Höhe getrieben werden. Das ist für viele Normaldeutsche in Sachsen leider das einzige, was sie vom rassistischen Treiben abhalten könnte.

Auf der anderen Seite muss über die Palette „klassischer“ Methoden hinaus gedacht werden. Der Jugendkongress in Chemnitz hat antifaschistischer Jugendliche erreicht. Wie jedoch können darüber hinaus junge Menschen in Sachsen erreicht werden, die vielleicht noch nicht „verloren“ sind? Kann und sollte antifaschistische Bildungspraxis auf breitere Beine gestellt werden?

Offen wird die Frage bleiben, wie emanzipatorische gesellschaftliche Perspektiven in Regionen erkämpft werden können, in denen die Mehrheit der Bevölkerung unwiederbringlich reaktionärer Ideologie verfallen ist.